Operations Chronologie

Die erste Operation fand in Friesach am 25. Februar 2004 statt. Der Operateur entschied sich für eine Operation durch den Bauch. Bei dieser Methode wird der Darm zur Seite geschoben und die Wirbel L5 und S1 durch eine Bandscheibenprothese aus Platin zusammengeschraubt. Das ist angeblich einfacher als von hinten, da von vorne nicht so viel Nerven durchtrennt werden können und man so bessere Chancen hat, nicht im Rollstuhl zu landen. Mit einer Knochenentnahme am Beckenkamm wurde die Prothese - siehe Foto unten - mit Eigenknochen aufgefüllt.

Meine Bandscheibenprothese aus Titan
Allein: Diese Operation nützte absolut nichts. Ich dachte damals an das Ende meiner Schmerzen, die mich doch schon seit etwa Mitte September 2003 quälten. Die Ursache kannte man zwar, nur wagte man die Operation nicht, weil die Gefahr einer Querschnittslähmung doch sehr groß war. Doch an so einen Ausgang dachte ich nicht, weil die Schmerzen so arg waren, dass ich sogar einen Rollstuhl in Kauf nahm. Am Ärgsten aber fand ich, dass mir die Ärzte nichts von ihren Befürchtungen erzählten. Die Bandscheibe zwischen L5 und S1 wurde immer dünner und Teile davon waren in den Spinalkanal gewandert. Das verursachte diese unsäglichen Schmerzen.

Diese Operation war völlig umsonst. Mir wurde lediglich die Prothese eingesetzt. Die Bandscheibenteile im Spinalkanal quälten mich weiter.

Also landete ich wieder in Friesach, weil absolut keine Besserung eintrat. Friesach deshalb, weil sich in Wien kein Spital bereit erklärte, mich zu operieren. Ich war nicht privatversichert und die Wartezeit für Normalsterbliche betrug damals - 2003/2004 - etwa 10 Monate. Die Schmerzen waren mittlerweile so schlimm, dass ich nur mehr auf allen Vieren aufs WC kam. Duschen fand so schnell wie möglich statt, da ich höchstens fünf Minuten schmerzfrei stehen konnte. Mein Essen kam mit dem Rotem Kreuz. Ich war zu dieser Zeit kaum fähig, mein Bett zu verlassen, hatte weder Verwandte noch eine Freundin, die sich um mich kümmerten.

Stattdessen kamen Arbeitskollegen und Freunde von Greenpeace - ich arbeitete zum Zeitpunkt meiner Erkrankung zum Glück bei dieser NGO und das war wahrscheinlich meine Rettung - immer wieder zu Besuch, um nach mir zu schauen.

Es war auch ein Arbeitskollege, der mich über einen nahen Verwandten - einen Primar in Villach - nach Friesach vermittelte. Dass es nichts helfen würde, konnte zu dieser Zeit niemand wissen.

Die Ärzte probierten es also noch mal mit einem Eingriff von hinten. Es kam zu einer doppelten Verplattung meiner Bandscheibenprothese. Ich war jetzt von vorne und von hinten verplattet und verschraubt. Die weggebrochenen Bandscheibenteile wurden im Spinalkanal gelassen. Eine weitere sinnlose Operation.

Da sich an meinem Zustand absolut nichts änderte, ging es also wieder in Richtung Friesach. Als mich ein Arzt bei der ersten Visite mit den Worten: "Was machen Sie schon wieder hier? Bleiben Sie doch in Wien, wo Sie wohnen! Ich weiß, dass Sie Bandscheibenteile im Spinalkanal haben, aber die entferne ich Ihnen nicht. Ich gehe das Risiko einer Querschnittslähmung nicht ein!" fast aus dem Friesacher Spital schmiss, war ich ziemlich verblüfft. Das war das erste Mal, dass ein Arzt sich dazu äußerte. Aber immerhin, jetzt wusste ich wenigstens, warum ich noch immer Schmerzen hatte. Dass er zwei völlig sinnlose Operation dazu gebraucht hatte um mir das zu sagen, ist mir bis heute ein Rätsel. 

Also packte ich meine Sachen, fuhr mit dem Taxi zum 500m entfernten Bahnhof, löste mir ein Erstes-Klasse-Ticket - aber nicht weil ich so viel Geld hatte - sondern weil es mir mehr Chancen bot, mich auf eine Bank zu legen, denn an ein längeres Sitzen - mehr als 10 Minuten - war damals noch nicht zu denken. Also, ab nach Wien, wo mich unerwartet  - wie man am unterem Foto sieht - ein Empfangskomitee erwartete! Diese Firma hat mein Leben gerettet. Es mag für manche pathetisch klingen, aber so war es. Das war meine Familie! Ich stehe hier zwar kurz für dieses Foto, freute mich aber schon wieder aufs Hinlegen. Die einzige Stellung, die ich für Jahre einnehme konnte.

Unerwartetes Empfangskomitee meiner Arbeitskollegen - © Bernd Schaudinnus
Und dann kam zufällig das Allgemeine Wiener Krankenhaus ins Spiel. Unter dem Namen AKH ist es zumindest in Österreich besser bekannt. Ich bin mit der U-Bahn täglich und jahrelang vorbeigefahren und das einzige, was mir durch den Kopf ging, wenn ich auf diesen hässlichen Bau schaute: "Hoffentlich kommen ich da nie hinein!" Und als ich dann tatsächlich durch Zufall im AKH landete, revidierte ich recht schnell meine Meinung! Das Personal war topkompetent und die Ärzte sowieso. Das bemerkte ich schon auf den Ambulanzfahrten ins AKH. Damals wurde ich nur liegend transportiert, anders war es nicht möglich. Die einzige Stellung, die ich einigermaßen schmerzfrei ertrug, war am Rücken liegen und die Beine angewinkelt. Mit dieser Stellung musste ich mich etwa fünf Jahre zufrieden geben.

Im AKH meinten die Ärzte kurz: "Um eine OP werden wir wohl nicht herumkommen!"Von mir aus sofort und auf der Stelle. Immerhin schmerzten mich meine Bandscheibenteile damals schon 14 Monate. Mir war damals das Risiko einer Querschnittslähmung egal, denn so konnte und wollte ich nicht weiterleben. So hatte ich im AKH das Glück auf einen Arzt zu treffen, der bereit war, die Bandscheibenteile aus meinem Spinalkanal zu entfernen. Die OP war für Mittag angesetzt. Ich kam mir vor wie auf einem Verschubbahnhof, als mich ein Krankenpfleger in einem riesigen Wartesaal mit meinem Bett abstellte. Ich blickte auf die unzählige Operationssälen. Das AKH in Wien verfügt immerhin über 2000 Betten.

Die Operation dauerte etwa vier Stunden. Ich war gegen 18 Uhr in meinem Zimmer und die diensthabende Schwester sagte mir, dass mein operierender Arzt Nachtdienst hätte. Also bat ich sie, ihn zu fragen, ob er irgendwann einmal Zeit hätte, nach mir zu sehen. Er kam gegen Mitternacht. Und die Frage, ob er meine Bandscheibenteile herausbekommen hat, brennte mir natürlich auf der Zunge. Ich frug also, was es zu fragen gab. Sein Statement: "Naja, eine Spielerei war es schon, aber ich hab sie erwischt!"

Ich war einfach nur erleichtert und litt immer noch unter den Nachwirkungen vom Narkosemittel. Aber die Nachwirkungen waren mitunter recht lustig. Man schrieb zwar erst das Jahr 2004, aber ich hatte damals schon meinen ersten iPod. Die Kopfhörer hingen im Spitalsbett-Dreieck zum Hochhieven und so hatte ich, dank der Nachwirkung des Narkosemittels, zu jedem Song mein eigenes schräges Video im Kopf!

Diese Operation im AKH fand am 19. Dezember 2004 statt. Dabei wurden mir nicht nur die Teile aus dem Spinalkanal genommen, sondern auch gleich die Wirbel L3/L4 verplattet, weil ich im Wirbelfortsatz einen Riss hatte, den ich laut Ärzten von Geburt an hatte und der der Lendenwirbelsäule eine zusätzliche Instabilität gab.